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Mag. Wolfram Hitz
Im Zuge der Neubegründung von Dienstverhältnissen und der Einreihung im Kollektivertrag (KV) spielen vor allem die Vordienstzeiten eine große Rolle. Je nach KV kann es durch Vordienstzeiten zu einer Einstufung in einer höheren Verwendungsgruppe/Tätigkeitsfamilie kommen oder es sind in der konkreten Verwendungsgruppe/Tätigkeitsfamilie Jahre anzurechnen, die in der Regel ein höheres KV-Mindestgehalt bedingen.
Eine Reihe von KV sieht Verfallsklauseln bei Nichtvorlage bzw. nicht zeitgerechter Vorlage von Vordienstzeiten vor, beispielhaft sei § 15 I. (10) zweiter Absatz IT-KV zitiert:
„Voraussetzung für die Anrechnung ist, dass der Arbeitnehmer diese Zeiten dem Arbeitgeber beim Eintritt, jedoch spätestens zwei Monate nach Beginn des Arbeitsverhältnisses durch entsprechende Zeugnisse oder sonstige Arbeitspapiere nachweist. Die Vorlage der Zeugnisse oder sonstigen Arbeitspapiere ist dem Arbeitnehmer auf dem Dienstzettel zu bescheinigen. Wird ein solcher nicht ausgestellt, so tritt die Verfallsfrist nicht ein.“
In der Praxis erlebt man derartige Klauseln oftmals als zahnloses Instrument und werden dem Arbeitnehmer Vordienstzeiten auch dann angerechnet, wenn diese erst zu einem viel späteren Zeitpunkt nachgewiesen werden. In einer aktuellen Entscheidung (OGH 25.10.2016, 8 Ob A 3/16y), die auf den ersten Blick eine andere Problematik der Vordienstzeiten behandelt, wird vom OGH jedoch in einigen Passagen auf eine ständige Rechtsprechung verwiesen, die es wert ist, näher zu betrachten.
Der Zweck von Klauseln wie der oben zitierten wird darin gesehen, dass der Arbeitgeber schon anlässlich der Begründung des Arbeitsverhältnisses in der Lage sein muss, die Fähigkeit des Arbeitnehmers und das Ausmaß der Gehaltsbezüge zu überblicken (OGH 4 Ob 116/54, OGH 4 Ob 678/64). Der Arbeitnehmer hat daher eine vorvertragliche Aufklärungspflicht, die aus der Rücksichtnahme auf die Interessen des potentiellen Vertragspartner entspringt (OGH 9 ObA 11/93).
Allerdings ist gleichzeitig auf die Pflicht des Arbeitgebers hinzuweisen, den Arbeitnehmern nach Vordienstzeiten zu befragen und ihn zur Vorlage von Nachweisen aufzufordern (etwa OGH 8 ObA 19/08i). Auch hat er den Arbeitnehmer darauf hinzuweisen, dass für die Anrechnung von Vordienstzeiten ein entsprechender Nachweis durch Zeugnisse/Arbeitspapiere notwendig ist.
Wird seitens des Arbeitgebers eine der beiden zuvor erwähnten Pflichten verabsäumt, kann der Arbeitnehmer trotzdem noch zu einem späteren Zeitpunkt Vordienstzeiten geltend machten.
Der OGH geht sogar noch weiter: Hat der Arbeitnehmer seine Vordienstzeiten im Bewerbungsverfahren bekanntgegeben und schließt der Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag ab, ohne einen Vorbehalt bzgl. des Nachweises dieser Zeiten festzuhalten, würde der Arbeitgeber zu erkennen geben, dass er jedenfalls zur Anrechnung der Vordienstzeiten bereit wäre (OGH 8 ObA 3/16y).
Wie kann der Arbeitgeber sich nun trotzdem allfällig auf einen Verfall berufen?
Werden diese Schritte eingehalten und der Arbeitnehmer legt seine Nachweise trotzdem nicht zeitgerecht vor, ist von einem rechtswirksamen Verfall der unbelegten Vordienstzeiten auszugehen. Wie üblich ist die konkrete Textierung des KV zu beachten, die uU noch weitere Notwendigkeiten vorsieht.