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Mag. Wolfram Hitz
Eine Behördenkontrolle kann immer wieder überraschende Ergebnisse liefern. Im Anlassfall, den nun der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) zu entscheiden hatte (VwGH, 23.11.2017, Ra 201/11/0243), hat das Arbeitsinspektorat (AI) dem Arbeitgeber fehlende Arbeitszeitaufzeichnungen vorgeworfen.
Der Arbeitgeber verwies jedoch auf die dem AI vorgelegten Dokumente, die in zwei Spalten folgende Infos enthielten:
Auf der linken Seite waren die mittels Stempelkarte erfassten Arbeitszeiten und Arbeitszeitunterbrechungen sowie die sich rechnerisch daraus ergebenden Teilsummen ausgewiesen. Auf der rechten Seite wurde eine Rubrik der „Ist Stunden“ ausgewiesen, also jene Stunden, die in einem zweiten Schritt tatsächlich als Arbeitsleistung vom Arbeitgeber anerkannt (und entlohnt) wurden.
Der Arbeitgeber führt ergänzend aus, dass nicht alle gestempelten Zeiten als Arbeitszeit anerkannt würden, sondern nur jene, die innerhalb des vorgegebenen Dienstplanes lägen.
Nachdem die Bezirksverwaltungsbehörde das Verwaltungsstrafverfahren aufgrund des Vorliegens von Arbeitszeitaufzeichnungen eingestellt hatte, erkannte das Landesverwaltungsgericht Salzburg sehr wohl ein strafbares Verhalten: Auf Basis der vorgelegten Urkunden wäre für das AI „nicht erkennbar, welche Zeiten nicht anerkannt wurden“ und somit seien in Summe „keine bzw. keine korrekten Aufzeichnungen“ geführt worden.
Der VwGH hat das Straferkenntnis jedoch wieder aufgehoben und festgehalten:
Für die für das AI relevanten Belange des AZG – nämlich der Kontrolle der Einhaltung der maximalen Arbeitszeiten, Ruhepausen und Ruhepausen – ist es nicht von Bedeutung, welche der Arbeitszeiten tatsächlich anerkannt und entlohnt werden. Für die Kontrolle der Einhaltung der Bestimmungen des AZG kommt es nur auf die Zeitpunkte des Arbeitsbeginns und –endes an.
Würde über den Arbeitgeber auf Basis der „linken Spalte“ eine Verwaltungsstrafe verhängt werden, würde es an ihm liegen, einen glaubwürdigen Gegenbeweis im Verwaltungsstrafverfahren (mittels der Angaben der „rechten Spalte“) zu erbringen.
Der VwGH hat somit schlussendlich –dankenswerterweise – die Frage in der Überschrift des Artikels mit „Ja“ beantwortet – eine Aufzeichnung der Arbeitszeit ist eine Arbeitszeitaufzeichnung. Auch wenn Behörden daran zweifeln mögen…
Florian Schrenk, BA
Im April haben wir ein VwGH Urteil behandelt (Link), in dem es um einen vom AMS vermittelten „Schnupperlehrling“ ging, der mit einem Dienstnehmer der beschwerdeführenden Gesellschaft auf eine mehrstündige Tour ging. Die GKK setzte mittels Bescheid einen Beitragszuschlag idHv EUR 1.300,- fest, da es sich nach Ansicht der GKK um kein „Schnuppern“ oder Vorstellungsgespräch handelte, sondern um einen Probetag, der sehr wohl der Pflichtversicherung unterliegt. Der VwGH bestätigte die Rechtsansicht der GKK, da die mehrstündige Begleitung eines Dienstnehmers den Rahmen des reinen Kennenlernens des Unternehmens allein aufgrund der Tatsache der Dauer des vermeintlichen „Schnupperns“ sprengt. Weiters verwies der VwGH darauf, dass in seiner Rechtsprechung bereits klargestellt wurde, dass der Annahme eines versicherungspflichtigen Probeverhältnisses nicht entgegensteht, wenn die (Weiter-)Beschäftigung vom Ergebnis der Erprobung (des Schnuppertages) abhängig gemacht wird.
Ähnlich gelagert ist ein weiterer Fall, dem sich der VwGH angenommen hat:
Der vermeintliche „Schnupperlehrling“ wurde zwecks Feststellung, ob eine (Weiter-)Beschäftigung in Betracht kommt, auf Probe im Schankbereich eingeführt. Diese Erprobung erstreckte sich über einen Zeitraum von 8 Stunden, was auch hier den Rahmen des Kennenlernens im Zuge eines Vorstellungsgesprächs bei Weitem sprengt.
Von einem – in der Beschwerde vorgebrachten – Volontariat kann ebenfalls trotz vereinbarter Unentgeltlichkeit nicht ausgegangen werden.
Der VwGH führt weiter aus:
Der Annahme eines (versicherungspflichtigen) Probearbeitsverhältnisses steht es nicht entgegen, wenn die (Weiter-)Beschäftigung vom Ergebnis dieser Erprobung abhängig gemacht wird, zumal im Probearbeitsverhältnis ohnehin die Möglichkeit zu dessen jederzeitiger Auflösung ohne Begründung besteht. Für die danach erforderliche Abgrenzung eines bloßen Vorstellungsgesprächs von der Aufnahme der (auch versicherten) Betriebsarbeit kann es vor dem Hintergrund des Schutzzwecks arbeitsrechtlicher Normen nicht dem Arbeitgeber überlassen werden, eine Beschäftigung, die typischerweise Teil eines Probearbeitsverhältnisses ist, nach Belieben in das Vorstellungsgespräch zu integrieren und so Arbeit suchende Personen zu Arbeitsleistungen ohne Entgeltanspruch zu verhalten.
Der von der GKK vorgeschriebene Beitragszuschlag idHv EUR 2.800,- wurde bestätigt.
In einem Urteil vom 14.2.2013 hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass Probe- oder Schnuppertage in vielen Fällen zu einer Meldepflicht gemäß § 33 ASVG führen. Bei dem konkreten Fall fuhr eine vom AMS vermittelte Person mit einem Dienstnehmer der beschwerdeführenden Gesellschaft mit, um sich die „Tour anzuschauen“ und zu entscheiden, ob er für eine derartige Tätigkeit überhaupt geeignet sei. Es bestand zu diesem Zeitpunkt keine Pflicht zur Mitarbeit, auch eine Anstellung war noch nicht geplant.
Da die vom AMS vermittelte Person einen Dienstnehmer den Großteil seines Arbeitstages begleitete, somit auch indirekt dem Dienstplan unterworfen war, verpflichtete die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse mittels Bescheid vom 24.2.2011 die beschwerdeführende Gesellschaft zur Entrichtung eines Beitragszuschlages idHv EUR 1.300,-.
In seinem Urteil bestätigte der VwGH die Forderung der Gebietskrankenkasse und verwies darauf, dass in seiner Rechtsprechung bereits klargestellt wurde, dass der Annahme eines versicherungspflichtigen Probeverhältnisses nicht entgegensteht, wenn die (Weiter-)Beschäftigung vom Ergebnis der Erprobung (des Schnuppertages) abhängig gemacht wird.
Für Unternehmer bedeutet dies eine Einschränkung ihrer bisherigen Handhabe.
Folgende Voraussetzungen müssen unserer Ansicht nach gegeben sein, dass Schnuppertage ohne Pflichtversicherung abgehalten werden können: