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Mag. Wolfram Hitz
Ein Jurist, Mitte 30, mit Berufserfahrung als Rechtsanwalt und Führungskraft bewarb sich um einen „Traineejob für Studienabgänger“ bei einer deutschen Versicherung. Nicht überraschend wurde er abgelehnt und klagte auf Entschädigung wegen Altersdiskriminierung (EUR 14.000) und Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (EUR 3.500). Letzteres, weil alle Traineestellen an Frauen vergeben wurden.
Die höchste arbeitsrechtliche Instanz in Deutschland, das Bundesarbeitsgericht, legte den Fall schließlich dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor. Kernfrage war, ob selbst dann eine Diskriminierung behauptet werden kann, wenn der Bewerber die Stelle gar nicht antreten, sondern nur einen Schadenersatz lukrieren wollte.
In der Entscheidung EuGH, 28.7.2016 – C-423/15, stellt der EuGH fest, dass sich ein Scheinbewerber nicht auf den Diskriminierungsschutz berufen kann, da kein Zugang zur Beschäftigung gesucht wird. Vielmehr handelt es sich um Rechtsmissbrauch.
Im konkreten Anlassfall muss nun das deutsche Bundesarbeitsgericht prüfen, ob es sich tatsächlich um eine Scheinbewerbung handelte.
Auswirkung für die Praxis:
Die grundsätzlichen Aussagen des EuGH sind auf die österreichische Rechtslage bzw. des Gleichbehandlungsgesetz zu übertragen. Zu beachten ist aber, dass schlussendlich der Arbeitgeber für den Umstand der „Scheinbewerbung“ beweispflichtig ist. Dies wird in der Praxis für oftmals nicht allzu leicht sein.
Die Entscheidung ist aus Arbeitgebersicht trotzdem erfreulich, da sie bei eher absurden Bewerbungen (wie im Anlassfall) und daran anschließenden Schadenersatzforderungen uU einen Hebel und eine Alternative zur bloßen Vergleichs- bzw. Abschlagszahlung bietet.