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    Austritt, EuGH, unberechtigter, Urlaubsersatzleistung, vorzeitiger

    EuGH: Urlaubsersatzleistung auch bei unberechtigtem vorzeitigem Austritt

    3. Dezember 2021
    keine Kommentare Veröffentlicht von Aktuelles Arbeitsrecht in Beendigung Dienstverhältnis, Laufendes Dienstverhältnis
    Florian Schrenk, B.A., LL.M.

    Das österreichische Urlaubsgesetz sieht in § 10 Abs 2 UrlG vor, dass keine Urlaubsersatzleistung gebührt, wenn der Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt. Dies bezieht sich jedoch nur auf den Urlaubsanspruch jenes Urlaubsjahres, in dem der Austritt erfolgt.

    Bereits seit einigen Jahren wurde diese Passage – ausgehend von zahlreichen einschlägigen EuGH-Entscheidungen – als unionsrechtlich bedenklich gesehen.

    Zur gegenständlichen Gesetzespassage erging nun eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH, 25.11.2021 – C-233/20).

    Im konkreten Sachverhalt hat der Kläger sein knapp fünf Monate dauerndes Arbeitsverhältnis durch unberechtigten vorzeitigen Austritt beendet. Im Zeitpunkt der Beendigung hatte er einen offenen Urlaubsanspruch von 3,33 Urlaubstagen. Der beklagte Arbeitgeber lehnte die Auszahlung der Urlaubsersatzleistung für diese Tage aufgrund der Bestimmungen des § 10 Abs 2 UrlG ab.

    Der Kläger war der Ansicht, dass diese Bestimmung unionsrechtswidrig ist. Der OGH legte den Fall dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.

    Aussagen des EuGH

    Der EuGH vertritt die Rechtsansicht, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht restriktiv ausgelegt werden darf. Die Mitgliedsstaaten dürfen den Urlaubsanspruch nicht von irgendeiner Voraussetzung abhängig machen.

    Gemäß ständiger EuGH-Judikatur sieht Art. 7 (2) RL 2003/88 (Arbeitszeit-RL) für das Entstehen des Anspruchs auf eine finanzielle Vergütung keine andere Voraussetzung vor, als dass zum einen das Arbeitsverhältnis beendet ist und dass zum anderen der Arbeitnehmer nicht den gesamten Jahresurlaub genommen hat, auf den er bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch hatte.

    Der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist somit im Hinblick auf den Anspruch auf eine finanzielle Vergütung nach Art. 7 (2) RL 2003/88 nicht maßgeblich.

    Conclusio

    • 10 Abs. 2 UrlG steht im Widerspruch zu Art. 7 RL 2003/88 (Arbeitszeit-RL) in Verbindung mit Art. 31 (2) GRC und ist damit unionsrechtswidrig. Die Urlaubsersatzleistung steht damit auch bei unberechtigtem vorzeitigem Austritt zu, es ist wohl eine entsprechende klarstellende Gesetzesänderung zu erwarten.

    Durch die EuGH-Entscheidung kann im Rahmen der allgemeinen Verjährungsfrist bis zu drei Jahre rückwirkend eine solche Urlaubsersatzleistung, die aufgrund eines unberechtigten vorzeitigen Austritts nicht ausbezahlt wurde, noch geltend gemacht werden.

    Die Dreijahresfrist verkürzt sich allerdings durch kollektivvertragliche oder einzelvertragliche Verfallfristen.

    zur Entscheidung des EuGH (curia.europa.eu)

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    Entfall, EuGH, UEL, Unberechtigter vorzeitiger Austritt, Urlaubsersatzleistung

    Urlaubsersatzleistung bei unberechtigtem vorzeitigen Austritt – Entfall weiterhin zulässig?

    30. September 2019
    keine Kommentare Veröffentlicht von Aktuelles Arbeitsrecht in Laufendes Dienstverhältnis
    Mag. Wolfram Hitz

    Das österreichische Urlaubsrecht setzt als Grundsatz voraus, dass der „Erholungsurlaub“ jährlich konsumiert wird. Besteht ein offenes Urlaubsguthaben am Ende des Arbeitsverhältnisses, ist dieses in Geld als Urlaubsersatzleistung auszuzahlen.

    Einzige Ausnahme ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch unberechtigten vorzeitigen Austritt. In diesem Fall gebührt gemäß § 10 Abs 2 UrlG keine Ersatzleistung für das laufende Urlaubsjahr (offene Urlaube aus Vorjahren sind jedoch auszubezahlen).

    Auf Basis dieser an sich klaren Rechtslage besteht in letzter Zeit oftmals Verunsicherung. Hintergrund ist, dass die Arbeiterkammer Oberösterreich einen Musterprozess führt, wonach auch im zuvor genannten Fall ein Anspruch auf Urlaubsersatzleistung gebühren solle. Rechtlich begründet wird dies mit einer Entscheidung des EuGH (C-684/16 vom 06.11.2018), wonach im konkreten Einzelfall der Anspruch auf Auszahlung eines Urlaubes unabhängig von der Art der Beendigung bestand.

    Der vom EuGH damals entschiedene Sachverhalt behandelte die deutsche Rechtslage und lag im Anlassfall auch kein unberechtigter vorzeitiger Austritt vor.

    Auf Basis des erwähnten Musterprozesses kommt es immer wieder zu Forderungsschreiben an Arbeitgeber, wonach der Entfall der Urlaubsersatzleistung rechtswidrig sei.

    Festzuhalten ist, dass nach der geltenden österreichischen Rechtslage bei einem unberechtigten vorzeitigen Austritt die Urlaubsersatzleistung auch weiterhin entfällt. Es gibt bis dato weder ein dezidiertes Urteil des EuGH oder des OGH, wonach die Regelung des § 10 Abs 2 UrlG (europa-) rechtswidrig wäre.

    Sollte man mit Forderungsschreiben der Arbeitnehmer (-vertretungen) konfrontiert werden gibt es die Möglichkeit, einen sogenannten Verjährungsverzicht abzugeben, um so in der Regel einen Prozess zu vermeiden. Dies bedeutet, dass sich der Arbeitgeber verpflichtet, auf den Einwand der Verjährung bzw. des Verfalls solange zu verzichten, bis der oben erwähnte Musterprozess rechtskräftig entschieden ist.

    Entsprechende Muster können von der für das Bundesland jeweils zuständigen Wirtschaftskammer angefordert werden.

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    17 Wochen, Arbeitszeitnovelle, EuGH, Höchstarbeitszeit, Rollierend, ZAI

    Durchrechnung der Höchstarbeitszeit – starr oder rollierend?

    20. Mai 2019
    keine Kommentare Veröffentlicht von Aktuelles Arbeitsrecht in Allgemein
    Mag. Wolfram Hitz

    Im Zuge des Arbeitszeitpakets 2018 wurde bekanntlich die Höchstarbeitszeit auf maximal 60 Stunden pro Woche ausgedehnt. Damit hat die schon vor der Novelle bestehende Regelung des § 9 Abs 4 AZG – die durchschnittliche Wochenarbeitszeit darf innerhalb eines Durchrechnungszeitraumes von 17 Wochen 48 Stunden nicht überschreiten– plötzlich praktische Bedeutung gewonnen. Zusätzlich wurde ein weiterer Verweis auf diese Maximalgrenze in § 7 Abs 1 AZG aufgenommen.

    Ungeklärt ist weiterhin, ob der 17 Wochen-Durchrechnungszeitraum starr oder rollierend zu betrachten ist (Wochen 1-17, 18-34 etc oder 1-17, 2-18, 3-19 etc).

    Wie Paktkain PVP 2019, 35 (Februar 2019) veröffentlich hat, vertritt das Zentralarbeitsinspektorat (ZAI) – auf Anfrage des ÖGB – nachfolgende Rechtsansicht:

    „Wir gehen davon aus, dass die Durchrechnungder Wochenarbeitszeit innerhalb fester(im Sinne von starr; Anm des Autors) Durchrechnungszeiträume zu erfolgen hat.

    Das ergibt sich unserer Ansicht nach insbesondere aus § 26 Abs. 1 AZG, wonach in den Arbeitszeitaufzeichnungen auch Beginn und Dauer eines Durchrechnungszeitraumes festzuhalten sind.

    Die Vorschrift, den Beginn festzuhalten, wäre bedeutungslos, wenn die Durchrechnung flexibel zu erfolgen hätte. Im Initiativantrag zu BGBl. I Nr. 46/1997, womit diese Bestimmung eingeführt wurde, wurde dazu ausgeführt: ‚Bei allen Formen der Durchrechnungder Arbeitszeit ergibt sich die Notwendigkeit, den Beginnund die Dauerdes Durchrechnungszeitraumes eindeutig und nachvollziehbar festzulegen.

    Die Überprüfung von Arbeitszeitmodellen hat ergeben, dass die Beurteilung der Zulässigkeit des Modells und der Frage, ob Überstundenarbeit vorliegt, davon abhängt, mit welchem Tag man den Beginn des Durchrechnungszeitraumes ansetzt. Die Regelung giltsowohl für die Durchrechnung der Normalarbeitszeit, die Gleitzeit als auch die Durchrechnung der Höchstarbeitszeit(z.B. nach § 9 Abs. 4).‘

    Eine flexible Durchrechnung(im Sinne von rollierend; Anm des Autors) wäre außerdem für die Arbeitgeberin oder den Arbeitgeber kaum praktikabel.“

    Dies bedeutet, dass aus Sicht des ZAI eine starre Betrachtung zulässig bzw. korrekt ist.

    In einem aktuellen Urteil des Europäischen Gerichtshofs (11.4.2019, C-254/18, Syndicat des cadres de la sécurité intérieure) hat dieser wiederum eine Meinung vertreten, die unseres Erachtens schwer zu deuten ist.

    Einerseits wurde aufgrund eines französischen Anlassfalles die Rechtskonformität einer gesetzlichen Regelung über einen sechsmonatigen starren Durchrechnungszeitraumfestgehalten. Andererseits muss aber auch bei derartigen fixen Zeiträumen sichergestellt werden, dass bei einer übergreifenden Betrachtung der 48-Stunden-Schnitt innerhalb der Dauer jedes angenommenen Bezugszeitraumseingehalten wird.

    Im Ergebnis muss man also wieder davon ausgehen, dass der EuGH trotz der scheinbaren Aussage bzgl. des starren Zeitraumes eine rollierende Betrachtung für notwendig erachtet.

    Seitens des österreichischen ZAI gibt es noch keine neue Mitteilung bzw. bleibt dieses dem Vernehmen nach bei der Rechtsansicht, dass eine starre Betrachtung rechtskonform ist.

    Da sich die Kontrollorgane der Arbeitsinspektorate mutmaßlich an die Rechtsansicht des ZAI halten werden, scheint es aus praktischer Sicht sinnvoll zu sein, eine starre Betrachtungsweise umzusetzen.

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    Altkatholisch, EuGH, Evangelisch, Feiertag, halber, Karfreitag

    Karfreitag wird „halber“ Feiertag – Freistellungsanspruch ab 14 Uhr

    19. Februar 2019
    keine Kommentare Veröffentlicht von Aktuelles Arbeitsrecht in Laufendes Dienstverhältnis
    Mag. Wolfram Hitz

    Wie die Regierung heute, zwei Monate vor dem Karfreitag 2019, bekanntgegeben hat, wird der 19.4.2019 zwar ein Feiertag für alle werden – allerdings nur ein „halber“. Angekündigt wurde, dass alle Arbeitnehmer ab 14 Uhr einen Anspruch auf Feiertagsruhe haben sollen.

    Die detaillierte Ausformulierung ist noch offen, allerdings wird ein Beschluss in der Nationalratssitzung Ende Februar erfolgen, sodass bereits der heurige Karfreitag der neuen Regelung unterliegen wird.

    Im Hinblick auf viele zu erwartende Detailfragen ist es ratsam, die tatsächliche Beschlussfassung im Nationalrat abzuwarten und allfällige innerbetriebliche Anfragen von Arbeitnehmer vorerst nur mit dem Verweis auf die folgende Gesetzesänderung zu beantworten.

    zum Hintergrund der Neuregelung

    zum Artikel auf diepresse.com

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    Altkatholisch, EuGH, Evangelisch, Feiertag, Karfreitag

    EuGH: Karfreitag (fürs erste) ein Feiertag für alle Arbeitnehmer – wenn vom Arbeitnehmer verlangt.

    23. Januar 2019
    keine Kommentare Veröffentlicht von Aktuelles Arbeitsrecht in Laufendes Dienstverhältnis
    Mag. Wolfram Hitz

    Am 22.1.2019 hat der EuGH seine Entscheidung zum Vorabentscheidungsersuchen des OGH bzgl „Karfreitag“ bekanntgegeben (22.1.2019; Cresco Investigation vs. Markus Achatzi; RS C-193/17).
    Der EuGH kam zum Schluss, dass die Bestimmung in § 7 Abs 3 ARG, wonach der Karfreitag nur für Angehörige bestimmter Konfessionen (insbesondere Evangelische) ein Feiertag und somit arbeitsfrei ist, dem EU-Recht widerspricht.

    Neben dem Verstoß gegen die Gleichbehandlungs-Rahmen-Richtlinie würde zusätzlich ein Verstoß gegen die Grundrechtecharta vorliegen. Diese verbietet verschiedene Formen der Diskriminierung auch dann, wenn sie aus Verträgen zwischen Privatpersonen resultieren.

    Arbeitnehmer können nach dieser Entscheidung künftige einen freien Karfreitag begehren, solange der österreichische Gesetzgeber keine (gleichheitskonforme) Änderung im ARG erlassen hat.

    Wenn dies nicht rechtzeitig vor dem heurigen Karfreitag, 19.4.2019 geschieht, müssten Arbeitgeber an diesem Tag allen Arbeitnehmern auf deren ausdrücklichen Wunsch, freigeben oder, wenn die Arbeitgeber auf der Arbeitsleistung bestehen, Feiertagsarbeitsentgelt nach § 9 (5) ARG gewähren.

    Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber zeitgerecht agiert. Im Raum steht ein möglicher „Tausch“ mit dem Pfingstmontag, sodass der Karfreitag für alle ein Feiertag wird, aber der Pfingstmontag seinen Status als gesetzlicher Feiertag verlieren könnte.

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    EuGH, Hinweis, Urlaub, UrlG, Verfall, Verjährung

    Hinweis auf drohende Verjährung des Urlaubsanspruches durch den Arbeitgeber künftig verpflichtend?

    30. November 2018
    keine Kommentare Veröffentlicht von Aktuelles Arbeitsrecht in Allgemein, Laufendes Dienstverhältnis
    Florian Schrenk, BA

    Die Verjährung des Urlaubes tritt gemäß § 4 Abs 5 UrlG nach Ablauf von zwei Jahren ab dem Ende des Urlaubsjahres, in dem er entstanden ist, ein. Eine Verkürzung der Verjährungsfrist durch Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung oder Einzelvertrag ist unzulässig.

    Die Frist verlängert sich bei Inanspruchnahme einer Elternkarenz um den Zeitraum dieser. Darüber hinaus hemmt ein übermäßig langer Krankenstand, der einen Urlaubsantritt verhindert, ebenfalls die Verjährung.

    Nach bisher herrschender Lehre konnte – vorbehaltlich korrekter Aufzeichnung und Ausweisung der Urlaubsansprüche – eine Verjährung auch ohne expliziten diesbezüglichen Hinweis des Arbeitgebers eintreten.

    Aufgrund aktueller Judikatur des EuGH (EuGH Rechtssachen C-619/16 und C-684/16, 6.11.2018) wird der Arbeitgeber künftig wohl rechtzeitig auf eine drohende Verjährung hinweisen müssen, sodass eine entsprechende Konsumation noch möglich ist.

    Pressemitteilung des EuGH

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    ARG, EuGH, Europäischer Gerichtshof, Karfreitag, OGH

    Verfahren zu Karfreitag ausgesetzt

    20. April 2017
    keine Kommentare Veröffentlicht von Aktuelles Arbeitsrecht in Allgemein, Laufendes Dienstverhältnis
    Florian Schrenk, BA

    Die in den Medien und Fachkreisen vieldiskutierte Frage, ob die Regelungen des Arbeitsruhegesetztes zum Karfreitag unmittelbar diskriminierend ist, lag dem OGH vor. Dieser hat nun ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof gestellt.

    Die Entscheidung zur Frage, ob die Regelung des § 7 Abs 3 ARG  gegenüber Arbeitnehmern, die den genannten Religionen nicht angehören, als unmittelbar diskriminierend wegen der Religion gegen Art 21 der Grundrechtecharta verstößt oder als Maßnahme zum Schutz der Freiheit der Religionsausübung bzw zur Gewährleistung der völliger Gleichstellung der Angehörigen der genannten Kirchen im Berufsleben gerechtfertigt ist, ist nun vom Europäischen Gerichtshof klarzustellen.

    Das Verfahren wird bis zum Einlangen der bindenden Vorabentscheidung des EuGH ausgesetzt.

    Artikel auf ogh.gv.at

    § 7 Abs 3 ARG (ris.bka.gv.at)

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    EuGH, Kopftuch, Verbot

    EuGH: Kopftuchverbot zulässig, aber…

    20. März 2017
    keine Kommentare Veröffentlicht von Aktuelles Arbeitsrecht in Laufendes Dienstverhältnis
    Mag. Wolfram Hitz

    Zwei jüngst veröffentlichte Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) haben medial für einiges an Aufsehen gesorgt. Grund dafür war, dass inhaltlich über die Frage der Zulässigkeit eines Kopftuchverbotes zu urteilen war bzw. der Rechtmäßigkeit einer Entlassung aufgrund eines Verstoßes gegen das Kopftuchverbot.

    Obwohl es medial primär als klares Bekenntnis des EuGH zur Zulässigkeit eines Kopftuchverbotes gewertet wurde, sind die Feinheiten des Urteils zu beachten. Insbesondere darf nicht übersehen werden, dass der EuGH einige Bedingungen an die Rechtmäßigkeit knüpft und manche Fragen (bewusst?) nicht beantwortet.

    Kopftuchverbot für Rezeptionistin

    Im Vorabentscheidungsverfahren aus Belgien (Achbita gg. G4S Secure Solutions NV C-157/15) handelte es sich um eine Rezeptionistin, die ihre Arbeitsleistung bei einem Kunden verrichtete. Bereits bei der Einstellung der Mitarbeiterin gab es eine ungeschriebene Regel, wonach des den Arbeitnehmerin verboten sei, „am Arbeitsplatz sichtbare Zeichen ihrer politischen, philosophischen oder religiösen Überzeugungen“ zu tragen.

    Nachdem die Arbeitnehmerin angekündigt hatte, künftig ein islamisches Kopftuch zu tragen, wurde ihr mitgeteilt, dass dies der firmenseitig bei Kundenkontakten angestrebten „Neutralität“ widerstrebte. Zwischenzeitig wurde – mit Zustimmung des Betriebsrates – eine Arbeitsordnung des Unternehmens angepasst, in der sich die oben angeführten Grundsätze nun schriftlich manifestierten.

    Die Arbeitnehmerin beharrte jedoch darauf, künftig das Kopftuch zu tragen, weshalb sie schließlich entlassen wurde.

    Der EuGH hatte sich nun mit der Frage zu befassen, ob sich durch unternehmensinterne Richtlinien zum Verbot, ein islamisches Kopftuch zu tragen, eine unmittelbare Diskriminierung aus der EU-Gleichbehandlungsrichtlinie in Beschäftigung und Beruf ergibt.

    Nach Auffassung des EuGH stellt eine interne Regel zum Verbot des Tragens von Zeichen ua religiöser Überzeugungen keine unmittelbare Diskriminierung iSd Richtlinie darstellt. Auch eine mittelbare Diskriminierung liegt dann nicht vor, wenn das Verbot bzw. die Ungleichbehandlung durch ein rechtmäßiges Ziel gerechtfertigt ist. Dies wäre etwa dann erfüllt, wenn das Unternehmen gegenüber Kunden „neutral“ auftreten wolle. Zu prüfen sei bloß, ob es einen Ersatzarbeitsplatz ohne Sichtkontakt mit Kunden für die Arbeitnehmerin gegeben hätte.

    Speziell aus dieser Anmerkung bleibt allerdings offen, ob der EuGH damit ein derartiges Verbot nur im Hinblick auf „öffentlichkeitswirksame“ ArbeitnehmerInnen für rechtmäßig erachtet und somit bei Personen im „Innendienst“ eine (zumindest) mittelbare Diskriminierung aufgrund der Richtlinie vorliegen würde.

    Softwaredesignerin mit Kundenkontakt und Kopftuch?

    Der zweite behandelte Fall betraf ein französisches Vorabentscheidungsverfahren (Bougnaoui gg Micropole SA C-188/15). Die Klägerin war als Softwaredesignerin beschäftigt und trug bei der Bewerbung ein einfaches Bandana (Definition laut Wikipedia: „Ein Bandana ist ein quadratisches Tuch, meist 60 cm × 60 cm groß, das als Kopftuch getragen am Hinterkopf zusammengebunden wird“), am Arbeitsplatz trug sie von Beginn an ein islamisches Kopftuch.

    Bereits bei der ersten Kontaktaufnahme vor Beginn des Beschäftigungsverhältnisses wurde die Arbeitnehmerin auf die möglichen Probleme beim Tragen eines Kopftuches hingewiesen, wenn sie mit Kunden in Kontakt trete. Tatsächlich gab es im aufrechten Dienstverhältnis sodann eine Beschwerde eines Kunden über das Kopftuch.

    Der Arbeitgeber bat die Mitarbeiterin, das Kopftuch künftig nicht mehr zu tragen und verwies auf den Grundsatz notwendiger Neutralität im Verhältnis zum Kunden. Nachdem sich die Softwaredesignerin weigerte wurde sie entlassen.

    Der EuGH hielt in dieser Entscheidung an den oben ausgeführten Grundsätzen der Rechtssache Achbita fest. Allerdings mit einer wichtigen Differenzierung:

    Die Anforderungen an ein Kopftuchverbot müssen objektiv vorgegeben sein, dürfen sich aber nicht auf subjektive Erwägungen, wie den Willen des Arbeitgebers, besonderen Kundenwünschen zu entsprechen, erstrecken. Letztere Abwägung ist nicht als eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung iSd Gleichbehandlungsrichtlinie zu sehen und wäre daher ein diesbezügliches Verbot bzw. eine daraus resultierende Entlassung diskriminierend.

    Zusammenfassend hält der EuGH somit ein Kopftuchverbot zulässig, solange es auf Basis einer objektivierbaren internen Regel mit der Verfolgung eines rechtmäßigen Ziels erlassen wird. Eine differenzierte Aussage erfolgt zu potentiellen Kopftuchverboten am Arbeitsplatz ohne Kundenkontakt. Zwischen den Zeilen ist eine Unzulässigkeit bei bloß neutralitätspolitischen Erwägungen herauszulesen.

    Das bloße Abstellen auf Kundenwünsche stellt keine zulässige Rechtfertigung iSd Richtlinie dar, solange nicht grundsätzliche unternehmenspolitische Neutralitätsüberlegungen dahinterstehen.

    http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2017-03/cp170030de.pdf 

    http://diepresse.com/home/ausland/eu/5183153/EuGH-erlaubt-Kopftuchverbot-am-Arbeitsplatz 

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    Aliquotierung, EuGH, Kinderzulage

    EuGH: Aliquotierung der Kinderzulage bei Teizeitbeschäftigung zulässig

    19. November 2014
    keine Kommentare Veröffentlicht von Aktuelles Arbeitsrecht in Laufendes Dienstverhältnis

    zum Sachverhalt

    Gemäß § 22 des Kollektivvertrags für Angestellte der Banken und Bankiers steht Arbeitnehmern für jedes Kind, für das Anspruch auf gesetzliche Familienbeihilfe besteht, eine sog. Kinderzulage zu.

    Die Frage, ob diese Kinderzulage bei Teilzeitbeschäftigten gemäß der tatsächlich geleisteten Wochenstunden aliquotiert werden darf, wurde nun schlussendlich vor dem EuGH geklärt. (EuGH 5.11.2014, C‑476/12)

    Der ÖGB hatte im Rahmen eines besonderen Feststellungsverfahrens vor dem OGH beanstandet, dass nach dem eingangs genannten Kollektivvertrag Teilzeitbeschäftigte die Kinderzulage nur anteilig erhalten. Antragsgegner war der Österreichische Verband der Banken und Bankiers.

    Urteil des EuGH

    Da es sich bei der Kinderzulage um keine gesetzlich vorgesehene staatliche Leistung handelt, gab der EuGH dem zuvor genannten Verband der Banken und Bankiers Recht.

    Die Kinderzulage wird vom Arbeitgeber auf der Basis eines mit den Arbeitnehmern ausgehandelten Kollektivvertrags ausbezahlt und ist demnach nicht als „Leistung der sozialen Sicherheit“ im Sinne des EU-Rechts einzustufen, sondern als Entgelt.

    Als Entgelt sind Löhne und Gehälter sowie alle sonstigen Vergütungen anzusehen, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aufgrund seiner Beschäftigung zahlt. Auch auf dieses Entgelt ist der pro-rata-temporis-Grundsatz anzuwenden.

    Fazit

    Entgelt und weitere Bedingungen des Arbeitsverhältnisses werden von beiden Seiten vereinbart, im vorliegenden Fall im Rahmen eines Kollektivvertrags. Ist ein Arbeitnehmer teilzeitbeschäftigt, ist daher auch die Kinderzulage als Teil des Entgelts lediglich anteilig auszubezahlen.

    zum Urteil (http://eur-lex.europa.eu/)

    Link zum Artikel auf wko.at