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Im Rahmen eines Modellprojekts der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (Deutschland) haben Firmen wie etwa die Deutsche Telekon oder die Deutsche Post über einen Zeitraum von 12 Monaten lediglich anonymisierte Bewerbungen entgegengenommen.
Es wurden über 8.500 Bewerbungen anonymisiert eingesehen und 246 Arbeits-, Ausbildungs- und Studienplätze besetzt.
SOS Mitmensch spricht sich nun für eine gesetzliche Verpflichtung in Österreich aus.
Wie sieht es aus arbeitsrechtlicher Sicht aus?
Eine Formvorschrift für eine anonymisierte Bewerbung gibt es derzeit nicht. Allerdings wurde die Stellenausschreibung in den vergangenen Jahren Schritt für Schritt gesetzlich geregelt. Diese müssen hingegen geschlechterneutral formuliert sein und das mögliche Entgelt bekannt geben. Verstöße werden sanktioniert.
Das Gleichbehandlungsgesetz regelt die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt.
Die WKO fasst zusammen:
Niemand darf aufgrund des Geschlechtes, insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe– oder Familienstand im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis, unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden.
Unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person aufgrund ihres Geschlechtes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.
Mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einem Geschlecht angehören, in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechtes benachteiligen können. Keine mittelbare Diskriminierung liegt aber vor, wenn die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich sind.
Eine Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person
Weiters müssen Stelleninserate seit 1.3.2011 Angaben zum Mindestentgelt enthalten. Grundsätzlich ist das durch kollektivvertragliche oder anderweitig geregelte Entgelt anzugeben, allerdings kann der Arbeitgeber im Stelleninserat auf seine Bereitschaft zur kollektivvertraglichen Überzahlung hinweisen.
Als logische Konsequenz aus den relativ jungen Rechtsvorschriften zu Stelleninseraten ließen sich ergänzende Regelungen zu Bewerbungen oder eher zu Bewerbungsvorgängen ableiten.
Spinnt man diesen Gedanken im Sinne der Arbeitnehmerfreizügigkeit in der Europäischen Union weiter, könnte auch die Staatsbürgerschaft und der Geburtsort der anonymisierung zum Opfer fallen.
In der Praxis
Sieht man sich den Ablauf in einem Personalauswahlverfahren einer Firma an lässt sich schnell erkennen, dass die anonymisierten Bewerbungen in der ersten Runde eines Auswahlverfahrens den eher diskriminierten Gruppen, die da Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund sind, die Chance geben “eine Runde weiter zu kommen”.
Spätestens bei einem persönlichen Gespräch werden die bis dahin im Verborgenen gehaltenen Informationen offenkundig und fallen dann vermutlich auch den selben “Auswahlkriterien” zum Opfer, als wären die Bewerbungen nicht anonymisiert gewesen.
http://derstandard.at/1334531143824/Mehr-Chancengleichheit-Forderung-nach-anonymen-Bewerbungen
Florian Schrenk, BA