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    Drucktheorie, einvernehmliche, Lösung

    OGH: Drucksituation bei einvernehmlicher Auslösung besonders zu prüfen

    28. Juli 2016
    keine Kommentare Veröffentlicht von Aktuelles Arbeitsrecht in Beendigung Dienstverhältnis
    Florian Schrenk, BA

    Im gegenständlichen Fall (OGH 28.6.2016, 8 ObA 37/16y) war die Klägerin als Kindergärtnerin bei der beklagten Stadt  beschäftigt. Aufgrund eines grippalen Infekts befand sich die Dienstnehmerin zwei Wochen lang im Krankenstand. Während dieses Krankenstands hielt die Klägerin jedoch am Mittwoch der zweiten Woche einen Malkurs mit sechs Kindern und vier Erwachsenen bei ihr zu Hause ab.

    Am darauffolgenden Montag trat sie ihren Dienst wieder an.

    Nachdem der Stadtamtsdirektor von der Abhaltung der Malkurse erfuhr, bat er die Klägerin nach Rücksprache mit dem Bürgermeister zu einem Gespräch, in dem er ihr Verhalten als schwerwiegendes Vergehen darstellte, welches eine Entlassung rechtfertige.

    Man bot der Klägerin jedoch die einvernehmliche Lösung des Dienstverhältnisses an. Als diese nach einer Entschuldigung um Bedenkzeit bat, lehnte man diesen Wunsch ab und verwies auf die Notwendigkeit der unverzüglichen Aussprache einer Entlassung. Die Klägerin willigte ein und erklärte sich schlussendlich mit der einvernehmlichen Lösung einverstanden.

    Mit ihrer Klage begehrte die ehemalige Kindergärtnerin die Aufhebung der einvernehmlichen Lösung und die Feststellung des aufrechten Bestandes des Dienstverhältnisses.

    Das Erstgericht wies das Klagsbegehren ab, das Berufungsgericht gab Ihrer Klage statt und der Oberste Gerichtshof billigte die Entscheidung des Berufungsgerichts.

    Der OGH folgte in seiner Entscheidung seiner ständigen Rechtsprechung zur sog. „Drucktheorie“: Schließt der Dienstnehmer unter dem Eindruck der Ankündigung des Dienstgebers, ihn zu entlassen, eine Auflösungsvereinbarung, so kommt es für die Beurteilung der Ausübung eines ungerechtfertigten Drucks darauf an, ob für den Dienstgeber zum Zeitpunkt der Androhung der Entlassung plausibel und objektiv ausreichende Gründe für deren Ausspruch gegebenen waren. Entscheidend ist, ob der Dienstgeber den Dienstnehmer zu einer einvernehmlichen Auflösung drängen will, weil er von seiner Rechtsposition nicht überzeugt ist. Dazu kommt die Obliegenheit des Dienstgebers, vor dem Ausspruch der Entlassung zu prüfen, ob sich der Dienstnehmer tatsächlich eines pflichtwidrigen Verhaltens schuldig gemacht hat. Dementsprechend hat er zumindest zu versuchen, den Sachverhalt unter Beiziehung des Dienstnehmers aufzuklären.

    Anmerkung für die Praxis

    Wird eine einvernehmliche Auflösung vereinbart, darf diese Vereinbarung in keiner Drucksituation getroffen werden. Dies ist insb. dann der Fall, wenn (mögliche) Konsequenzen für den Dienstnehmer angedroht werden, die nur durch die einvernehmliche Auflösung abgewendet werden können. Erschwerend kommt hinzu, dass im konkreten Fall keine Bedenkzeit eingeräumt wird, die dem Dienstnehmer auch zur Einholung einer Rechtsmeinung zur Verfügung stehen muss.

    Beachtenswert ist in diesem Urteil jedenfalls das ergänzende Ansinnen des OGH, das den Arbeitgeber dazu anhält, die konkreten Umstände hinsichtlich Vorliegens eines möglichen Entlassungsgrundes zu prüfen, bevor eine einvernehmliche Lösung nach Androhung einer Entlassung rechtsgültig vereinbart werden kann.

    Beachtet man diese Aspekte nicht, droht jedenfalls die Anfechtung der Auflösung, die Feststellung des aufrechten Bestandes des Dienstverhältnisses und die Nachzahlung für den entsprechenden Zeitraum bis zur Entscheidung.

     

    zum Urteil (pdf auf ris.bka.gv.at)

    Artikel auf diepresse.com