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Mag. Wolfram Hitz
Die am 5.7.2018 im Nationalrat beschlossenen Änderungen im AZG bzw ARG ab 1.9.2018 wurden am 12.7.2018 im Bundesrat bestätigt.
Die wichtigsten Eckpunkte:
Die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt ist abzuwarten. Der konsolidierte Text entsprechend des Beschlusses im Nationalrat ist abrufbar.
https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/BNR/BNR_00067/index.shtml
Mag. Wolfram Hitz
Eine Behördenkontrolle kann immer wieder überraschende Ergebnisse liefern. Im Anlassfall, den nun der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) zu entscheiden hatte (VwGH, 23.11.2017, Ra 201/11/0243), hat das Arbeitsinspektorat (AI) dem Arbeitgeber fehlende Arbeitszeitaufzeichnungen vorgeworfen.
Der Arbeitgeber verwies jedoch auf die dem AI vorgelegten Dokumente, die in zwei Spalten folgende Infos enthielten:
Auf der linken Seite waren die mittels Stempelkarte erfassten Arbeitszeiten und Arbeitszeitunterbrechungen sowie die sich rechnerisch daraus ergebenden Teilsummen ausgewiesen. Auf der rechten Seite wurde eine Rubrik der „Ist Stunden“ ausgewiesen, also jene Stunden, die in einem zweiten Schritt tatsächlich als Arbeitsleistung vom Arbeitgeber anerkannt (und entlohnt) wurden.
Der Arbeitgeber führt ergänzend aus, dass nicht alle gestempelten Zeiten als Arbeitszeit anerkannt würden, sondern nur jene, die innerhalb des vorgegebenen Dienstplanes lägen.
Nachdem die Bezirksverwaltungsbehörde das Verwaltungsstrafverfahren aufgrund des Vorliegens von Arbeitszeitaufzeichnungen eingestellt hatte, erkannte das Landesverwaltungsgericht Salzburg sehr wohl ein strafbares Verhalten: Auf Basis der vorgelegten Urkunden wäre für das AI „nicht erkennbar, welche Zeiten nicht anerkannt wurden“ und somit seien in Summe „keine bzw. keine korrekten Aufzeichnungen“ geführt worden.
Der VwGH hat das Straferkenntnis jedoch wieder aufgehoben und festgehalten:
Für die für das AI relevanten Belange des AZG – nämlich der Kontrolle der Einhaltung der maximalen Arbeitszeiten, Ruhepausen und Ruhepausen – ist es nicht von Bedeutung, welche der Arbeitszeiten tatsächlich anerkannt und entlohnt werden. Für die Kontrolle der Einhaltung der Bestimmungen des AZG kommt es nur auf die Zeitpunkte des Arbeitsbeginns und –endes an.
Würde über den Arbeitgeber auf Basis der „linken Spalte“ eine Verwaltungsstrafe verhängt werden, würde es an ihm liegen, einen glaubwürdigen Gegenbeweis im Verwaltungsstrafverfahren (mittels der Angaben der „rechten Spalte“) zu erbringen.
Der VwGH hat somit schlussendlich –dankenswerterweise – die Frage in der Überschrift des Artikels mit „Ja“ beantwortet – eine Aufzeichnung der Arbeitszeit ist eine Arbeitszeitaufzeichnung. Auch wenn Behörden daran zweifeln mögen…
Gibt es bei „Homeoffice“ Höchstarbeitszeitgrenzen?
Gilt Gleitzeit bei „Homeoffice“?
Auch die Österreicher arbeiten immer öfter von zu Hause aus. Telearbeit oder „Homeoffice“ bedeutet das Arbeiten beispielsweise von zu Hause aus.
Die Fehleinschätzung, dass das Arbeitszeitgesetz oder Arbeitsruhegesetz für die Arbeit von zu Hause aus nicht gilt ist falsch, wird aber leider oftmals über die Medien oder durch „Hörensagen“ so kommuniziert.
Tatsache ist, dass es auch für „Homeoffice“ vereinbarte Arbeitszeiten geben muss und die Höchstarbeitszeitgrenzen einzuhalten sind.
Da es keinen Anspruch auf „Homeoffice“ gibt, empfiehlt es sich anlässlich der Gewährung dieser Möglichkeit eine entsprechende Vereinbarung zu treffen. Mangels gesetzlicher Regelung zur Telearbeit ist man in der Gestaltung der Vereinbarung relativ flexibel, insb. was das Ausmaß der gewährten Telearbeit und etwaige Voraussetzungen – beispielsweise Genehmigung durch den Abteilungsleiter – anbelangt.
Die WKO hat einen umfangreichen Artikel veröffentlicht, der sich mit dieser Thematik beschäftigt:
Das Arbeitszeitgesetz formuliert, dass Arbeitszeit auch die Zeit ist, während der einer im Übrigen im Betrieb Beschäftigter in seiner eigenen Wohnung oder Werkstätte oder sonst außerhalb des Betriebes beschäftigt wird.
Damit ist klar:
Auch auf die Beschäftigung des Arbeitnehmers in seiner eigenen Wohnung ist das Arbeitszeitgesetz mit seinem vollen und uneingeschränkten Inhalt anzuwenden.
Aufgrund mehrfacher Nachfragen, haben wir häufige Fragen zur Reisezeit zusammengefasst. Da die aktive Reisezeit jedenfalls normale Arbeitszeit ist, geht es in erster Linie um die passive Reisezeit. Dienstnehmer, bei denen die Reisetätigkeit zum ständigen Aufgabengebiet gehört (Außendienstmitarbeitern, Monteuren, …), sind ebenfalls nicht von den nachfolgenden Regelung erfasst.
Ist eine Überschreitung der Höchstgrenzen der Arbeitszeit durch Reisezeiten zulässig?
Ja!
Durch Reisezeiten können die Höchstgrenzen der Arbeitszeit überschritten werden. Eine derartige Überschreitung kann insb bei längeren Reisen, Flugverspätung, Stau oder Zugausfällen der Fall sein.
Darf die gesetzlich vorgesehene Ruhezeit verkürzt werden, wenn es zu einer Verspätung kommt?
Ja, wenn es ausreichend Erholungsmöglichkeiten während der Reise gibt. (Eine Untergrenze bis wohin die Ruhezeit verkürzt wird, ist nicht vorgesehen!)
Gibt es während der Reise keine ausreichende Erholungsmöglichkeit, kann die tägliche Ruhezeit durch den KV auf höchstens 8 Stunden verkürzt werden. Ergibt sich am nächsten Tag ein späterer Arbeitsbeginn, als in der Vereinbarung über die Normalarbeitszeit vorgesehen, ist diese Zeit auf die Arbeitszeit anzurechnen.
In welchen Fällen ausreichend Erholungsmöglichkeiten bestehen, kann durch den KV festgelegt werden.
Als Beispiel für Erholungsmöglichkeiten sind entsprechende Sitz- oder Liegemöglichkeiten in Flugzeug oder Zug (Liegewagon, Schlafwagon, Business Class im Flieger,…)
Steht während der passiven Reisezeit Entgelt zu?
Grundsätzlich Ja!
Der Kollektivvertrag kann entsprechende Regelungen vorsehen. Im KV Handel steht beispielsweise der Normalstundensatz für passive Reisezeiten zu. (dh in diesem Fall keine Überstundenzuschläge).
Gibt es keine kollektivvertragliche Regelung und keine Einzelvereinbarung, steht grundsätzlich für die gesamte Reise das volle Entgelt inkl etwaiger Überstundenzuschläge zu.
Unvorhergesehene Verzögerungen (wie etwa Flugverspätungen, Staus oder Zugausfälle) zählen wohl ebenfalls zur passiven Reisezeit.
Kann man mittels Vereinbarung weniger als das normale vertragliche Entgelt für passive Reisezeit vereinbart werden?
Ja, wenn der Kollektivvertrag diesbezüglich keine Regelung vorsieht und es während der passiven „Reisetätigkeit“ Erholungsmöglichkeiten gibt (zB Aufenthalt im Speisewagen, Schlafmöglichkeit als Beifahrer,…)
Ob diesbezüglich auch Unentgeltlichkeit vereinbart werden kann, ist derzeit umstritten!
Sind Reisezeiten automatisch durch All-In Vereinbarungen abgedeckt?
Nein! Grundsätzlich muss die Reisezeit im Dienstvertrag explizit durch das All-In Gehalt abgedeckt sein!
Drei wesentliche Vereinfachungen sind bei Arbeitszeitaufzeichnungen gekommen:
Der Arbeitnehmer bekommt dafür das Recht auf Übermittlung der Arbeitszeitaufzeichnung einmal pro Monat, wenn er das nachweislich verlangt (§ 26 Abs 8 AZG). Dieses Recht hatten Arbeitnehmer schon bisher, wenn auch nicht ausdrücklich. Ansprüche verfallen nicht, solange dem Arbeitnehmer die verlangte Übermittlung der Aufzeichnungen verwehrt wird (§ 26 Abs 9 AZG).
Weiters entfällt für Arbeitgeber die kleine Meldepflicht bezüglich Schichtarbeit und Kurzpausen gegenüber dem Arbeitsinspektor (§ 11 Abs 8 – 10 AZG).
Weiters gibt es in den §§ 13ff AZG und im ARG ergänzende Sonderregelungen betreffend Lenker (v.a. betreffend Kontrollgerät, Fahrtenschreiber und Schaublätter).
Musterformulierung für Betriebs- oder Einzelvereinbarung zur Ruhepause
Die halbstündige (unbezahlte) Ruhepause muss an Arbeitstagen – an denen mehr als 6 Stunden gearbeitet wird – in der Zeit von 11:30 und 14:30 verpflichtend gehalten werden.
Variante bei einstündiger Ruhepause
Die einstündige (unbezahlte) Ruhepause muss an Arbeitstagen – an denen mehr als 6 Stunden gearbeitet wird – in der Zeit von 11:00 und 15:00 verpflichtend gehalten werden.
Musterformulierungen zum Entfall der Arbeitszeitaufzeichnung
Die Normalarbeitszeit des Arbeitnehmers verteilt sich auf folgende fixe Arbeitszeiten:
Mo-Fr 8:30 – 17:00 (abzüglich einer halbstündigen Mittagspause).
Ändert sich die Lage der Normalarbeitszeit nicht, kann die Aufzeichnung der Arbeitszeit entfallen.
Variante für Dienstnehmer mit beispielsweise fix vereinbarten Überstunden
Die Arbeitszeit des Arbeitnehmers verteilt sich auf folgende fixe Arbeitszeiten:
Mo-Fr 8:30 – 17:00 Normalarbeitszeit (abzüglich einer halbstündigen Mittagspause)
Mo-Fr 17:00 – 18:00 je eine Überstunde
Ändert sich die Lage der Arbeitszeit nicht, kann die Aufzeichnung der Arbeitszeit entfallen.
Musterformulierung für die Bestätigung, dass es keine Änderung bei der fixen Arbeitszeiten gegeben hat:
Hinsichtlich der Lage der Normalarbeitszeit und der Dauer der Gesamtarbeitszeit hat sich im Monat …………………. nichts geändert.
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AG AN
Florian Schrenk, BA
Im „Arbeitsprogramm der Österreichischen Bundesregierung“ für die laufende Legislaturperiode ist von einer geplanten Erhöhung der Arbeitszeitgrenzen zu lesen, ein Gesetzesentwurf dazu nimmt offenbar schon konkrete Formen an.
Laut einem Artikel der Tageszeitung „Die Presse“ soll es noch vor dem Sommer zu einer entsprechenden Änderung des Arbeitszeitgesetzes kommen, erste Details wurden bekannt:
Die Pflicht zur Aufzeichnung der Arbeitsstunden trifft laut Arbeitszeitgesetz den Arbeitgeber. Wird der Arbeitnehmer aufgrund einer Vereinbarung verpflichtet, Arbeitszeitaufzeichnungen zu führen, hat der Arbeitgeber dennoch die Pflicht zur regelmäßigen Kontrolle dieser.
Der OGH stellte in einem Urteil vom 30.7.2013 klar, dass auch fehlende oder unvollständige Zeitaufzeichnungen nichts an den Ansprüchen von Arbeitnehmern ändert. Im konkreten Fall ging es um eine Arbeitnehmerin, die halbtags angemeldet war, allerdings ganztags gearbeitet hat.
Unser bestimmten Voraussetzungen ist die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten möglich.
Das Arbeitsinspektionsgesetz (ArbIG) erlaubt eine rechtswirksame Bestellung eines verantwortliche Beauftragten, „wenn sie leitende Angestellte sind, denen maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen sind.“
Vom Wortlaut gleicht diese Formulierung jener aus dem Arbeitszeitgesetz (AZG), allerdings ist der Personenkreis der leitenden Angestellten im AZG und ARG ein wesentlich kleinerer, als jener im ArbIG. Leitende Angestellte laut AZG und ARZ sind jene Personen, die maßgeblich über Budget und/oder Personal entscheiden können. Die Definition des leitenden Angestellten im AZG und ARG ist aus Gründen des Arbeitnehmerschutzes sehr eng ausgelegt. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat bestätigt, dass im Unterschied zum leitenden Angestellten im AZG und ARG kein Einfluss auf die Unternehmensführung durch den verantwortlich Beauftragten gegeben sein muss, um als leitender Angestellter im Sinne des ArbIG zu gelten. Dieser muss lediglich über Anordnungsbefugnis verfügen, die es ihm erlaubt, Verstöße zu verhindern, für die er verantwortlich gemacht werden kann.
Die Bestellung zum verantwortlich Beauftragten wird erst rechtswirksam, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Meldung mittels vorgegebenem Formular samt eines Nachweises der Zustimmung des Bestellten eingelangt ist.
Unter diesen Voraussetzungen ist es also möglich, die Führung und/oder Kontrolle der Arbeitszeitaufzeichnungen zu delegieren.
VwGH Urteil zur Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten auf ris.bka.gv.at