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Florian Schrenk, B.A., LL.M.
Ursprünglich mit 1.1.2021 sollten die Kündigungsbestimmungen der Arbeiter an jene der Angestellten angeglichen werden.
Das Inkrafttretensdatum wurde Ende 2020 kurzfristig auf 1.7.2021 verschoben, siehe unseren Artikel vom 6.11.2020.
Nun gibt es einen neuen Initiativantrag, in welchem eine neuerliche Verschiebung auf 1.10.2021 vorgesehen ist.
Die Redaktion
In der letzten Sitzung des Nationalrats vor der Nationalratswahl wurde gegen 21 Uhr ein Beschluss gefasst, der weitreichende Folgen im Arbeitsrecht hat:
Kündigungsfristen
Arbeiter werden in der Kündigungssystematik (Fristen und Termine) Angestellten gleichgestellt – Wirkung ab 1.1.2021, Ausnahmen für Branchen in denen Saisonbetriebe überwiegen, dort kann durch KV Abweichendes geregelt werden.
Entgeltfortzahlung im Krankenstand
Angestellte werden dem bestehenden Arbeitersystem unterworfen. Lehrlinge behalten ihre Sonderbestimmungen im BAG, allerdings mit einer Verdopplung(!) der Dauer der Entgeltfortzahlung. Entgeltfortzahlung von 8 Wochen voll bereits ab 2. Dienstjahr. Inkrafttreten ab 1.7.2018
Selbst bei einvernehmlicher Auflösung im Krankenstand künftig Entgeltfortzahlung über das Ende des Krankenstandes hinaus.
Dienstverhinderungsgründe
Der Anspruch bei Arbeitern wird künftig zwingend geregelt sein, Inkrafttreten ab 1.7.2018
Auflösungsabgabe
Entfall ab 1.1.2020
Internatskosten
Lehrberechtigte müssen die vollen Internatskosten tragen, bekommen allerdings Rückerstattung vom Insolvenz-Entgelt-Sicherungs-Fonds (sic!). Das Inkrafttreten ist der 1.1.2018.
Falls Sie bei der Aufzählung die Themen Betriebsräte, KV-Anwendung, Fälligkeit von Entgelt, Wirkung von Sonderzahlungen, Entlassungsgründe etc vermissen – diese wurden nicht „angeglichen“. Es handelt sich nüchtern analysiert also um eine wahltaktische Husch-Pfusch-Aktion zu Lasten der Arbeitgeber.
Falls Sie dem ganzen doch noch ein wenig Humor abgewinnen wollen: Mag. Ernst Patka hat für diese neue Gruppe an Arbeitnehmern den sehr treffenden Begriff des „Angeiter“ kreiert.
Die Redaktion
Seit Jahren wird in der Fachwelt und Praxis darüber diskutiert, ob die (arbeitsrechtlichen) Unterschiede zwischen Arbeiter und Angestellte noch zeitgemäß sind. Wie komplex die Angleichung der unterschiedlichen Regelungen bzgl. Kündigungsfristen, Entlassungsgründe, Entgeltfortzahlung im Krankenstand, Dienstverhinderungsrecht, Remunerationen etc ist, zeigt, dass die geführten Diskussionen immer ohne Umsetzung blieben.
Zu unterschiedlich sind teilweise die (Arbeits-) Welten der beiden Gruppen bzw. zu heterogen die Hintergründe und Realitäten der jeweils betroffenen Branchen.
Im Zuge des Wahlkampfes wurde nun ein Gesetzesvorschlag in den Nationalrat eingebracht, der mit einem Federstrich vor allem die Kündigungsfristen der Arbeiter mit jenen der Angestellten gleichstellen und zusätzlich die Vorschriften zur Entgeltfortzahlung einseitig zu Lasten der Arbeitgeber verschlechtern würde.
Die Highlights:
Dies alles ohne Begutachtungsentwürfe, Möglichkeiten zur Stellungnahmen oder ähnlichen üblichen Vorgehensweisen in der Gesetzgebung.
Aus rechts- und sozialpolitischer Sicht wäre dieser einseitige Federstrich ein absolutes Novum in der jüngeren arbeitsrechtlichen Gesetzgebung, vermutlich kann man sogar von einem Novum in der zweiten Republik ausgehen.
Die Folgen für manche Branchen und viele Betriebe: finanzielle verheerend bis ruinös.
Dass mit der „Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten“ aber übersehen wurde, die Regelung bzgl. eigener Betriebsräte für Arbeiter UND Angestellte zu streichen, ist wohl nicht einem Versehen, sondern bloßem wahlkampftaktischen Kalkül geschuldet.
Es bleibt zu hoffen, dass in der letzten Nationalratssitzung vor den Wahlen am 15.10.2017 der aktuell vorliegende Gesetzesentwurf nicht beschlossen wird und auch in diesem Fall die bisher üblichen Abwägungen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen gewahrt bleiben.
https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A/A_02306/index.shtml