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Florian Schrenk, BA
Im gegenständlichen Fall (OGH 26.11.2015, 9 ObA 107/15y) war der Kläger von 15.6.2011 bis 11.9.2012 als Schweißer beschäftigt. Obwohl der Behindertenstatus (begünstigter Behinderter mit 60%) des Klägers bereits 2003 festgestellt wurde, legte er diesen im Personalfragebogen bei der Einstellung nicht offen.
Erst durch den Bescheid des Bundessozialamtes, in dem die Ausgleichstaxe für 2011 vorgeschrieben wurde, erfuhr der Beklagte vom Behindertenstatus. Nach erstmaligem Leugnen legte der Kläger die entsprechenden Unterlagen dann doch vor. Der Beklagte sprach die Kündigung des begünstigt Behinderten Dienstnehmers aus, zumal diese im konkreten Fall ohne Zustimmung des Behindertenausschusses möglich war.
Der Kläger begehrte die Kündigung für rechtsunwirksam zu erklären, weil sie iSd § 7b Abs. 1 Z 7 BEinstG diskriminierend gewesen sei, da ihn keine Verpflichtung zur Offenlegung seiner Behinderung verpflichtet war und die Behinderung keinen Einfluss auf seine Tätigkeit gehabt habe.
Der Beklagte bestritt den Vorwurf, beantragte Klagsabweisung und wandte ein, die Kündigung habe nichts mit der Behinderung zu tun, sondern mit dem Vertrauensverlust durch das Verschweigen des Umstandes.
Das Erstgericht wies das Klagsbegehren ab und kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger nicht iSd § 3 BEinstG behindert ist und daher auch nicht diskriminiert worden sein.
Das Berufungsgericht stellte hingegen fest, dass der Schutz des Behinderteneinstellungsgesetztes jedenfalls jenen Personen zukommen muss, bei denen die Eigenschaft als begünstigt Behinderter nach dem BEinstG zuerkannt wurde. Die Kündigung erfolgte daher im Zusammenhang mit der Behinderung.
Der OGH bestätigte die Ansicht des Berufsungsgerichtes.
„Im vorliegenden Fall lagen keine Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers für seine Tätigkeit als Schweißer vor. Dass dies auch für die Beklagte erkennbar sein musste, ergibt sich schon daraus, dass bei den im Auftrag der Beklagten durchgeführten Untersuchungen keine Beeinträchtigungen des Klägers festgestellt wurden, der Kläger anstandslos schon mehr als ein Jahr bei der Beklagten tätig war und bei seinen Tätigkeiten offenkundig auch weder eine Einschränkung der Einsatzfähigkeit noch ein Gefährdungspotenzial aus der Tätigkeit des Klägers für sich oder andere hervorkam. Da im Sinne der dargelegten Rechtsprechung weder für die Begründung noch für das laufende Arbeitsverhältnis des Klägers ein weiteres Informationsbedürfnis der Beklagten ersichtlich ist, das für die Gestaltung des Arbeitsverhältnisses erforderlich gewesen wäre, musste es hier dem Kläger überlassen bleiben, konkrete Angaben über seine Beeinträchtigungen zu machen. Eine Offenlegungspflicht traf ihn insofern nicht. Die unrichtige Angabe des Klägers über seinen Behindertenstatus und die Nichtvorlage von Befunden über seine Behinderung sind danach ebenfalls nicht geeignet, die in der (jedenfalls vermeintlichen) Behinderung begründete Kündigung des Klägers zu rechtfertigen und den Schutz des Klägers vor einer Beendigungsdiskriminierung wegen Behinderung zu beschneiden.“, so der OGH
Die Kündigung wurde wegen Diskriminierung für unwirksam erklärt.
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Anmerkung für die Praxis:
Dienstnehmer, die nach dem 1.1.2011 eingetreten sind und bereits bei Eintritt den Status eines begünstigten Behinderten haben, stehen in den ersten vier Jahren nicht unter dem besonderen Kündigungsschutz.
Eine Kündigung innerhalb dieses 4-Jahres-Zeitraumes kann jedoch gegebenenfalls als diskriminierend iSd § 7b Abs. 1 BEinstG angefochten werden (Diskriminierungsschutz behinderter Dienstnehmer).
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