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Auflösungsabgabe – Sonderfälle
FLORIAN SCHRENK

A. Allgemeines
Die im Arbeitsmarktpolitikfinanzierungsgesetz (AMPFG) geregelte Auflösungsabgabe ist ab 1.1.2013 grundsätzlich bei der Beendigung eines arbeitslosenversicherungspflichtigen (freien) Dienstverhältnisses vom Dienstgeber zu entrichten. Diese beläuft sich auf EUR 113,- (Wert 2013).
Die zahlreichen im §2b Abs. 2 AMPFG geregelten Ausnahmen scheinen bei erstmaliger Durchsicht eindeutig, werfen jedoch bei genauer Betrachtung eine Reihe an Fragen auf, die sich auch durch die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage nicht restlos klären lassen.
Dieser Umstand hat auch einige Gebietskrankenkassen, bereits mehrfach, dazu bewogen in ihren Newslettern unklare Sachverhalte aufzugreifen und zu beantworten. Auch das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz bereicherte den Diskussionsprozess mit der Beantwortung zahlreicher Anfragen.
In diesem Beitrag werden sechs Fälle erläutert und beantwortet. Die Beantwortung stütz sich einerseits auf das Gesetz und die erläuternden Bemerkungen zur RV selbst, andererseits auf Stellungnahmen vom Bundesministerium (BMASK) und führenden Gebietskrankenkassen.
B. Fallstudien
- Fall 1 –Ein Tagelöhner in einer Sicherheitsfirma arbeitet vorwiegend in Fußballstadien und Eishockeyhallen. Je nach Möglichkeit tritt er die angebotenen Dienste der Sicherheitsfirma an. Es wurde seinerzeit ein geringfügiges, also kein arbeitslosenversicherungspflichtiges Dienstverhältnis eingegangen. Die Bezahlung erfolgt nach Stunden.

Abb 1
- Lösung Fall 1: Da es sich in diesem Fall um eine durchgehende, unbefristete Beschäftigung handelt und zum Zeitpunkt der Beendigung kein arbeitslosenversicherungspflichtiges Dienstverhältnis besteht, ist keine Auflösungsabgabe zu entrichten. Die Änderungen der Beitragsgruppe werden mittels Änderungsmeldung bekannt gegeben.
- Dieser Fall wurde etwa im NÖDIS Nr. 10/Oktober 2012 mit „Lohnschwankungen zwischendurch“ beschrieben, die zu keiner Auflösungsabgabe führen.
- Entgegen unserer Auffassung sieht das Bundesministerium jedoch auch hier eine Fälligkeit der Auflösungsabgabe gegeben. Die Gebietskrankenkassen werden sich der Meinung des Ministeriums aller Voraussicht nach anschließen. Das bedeutet also, dass bereits die einmalige Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze im Laufe des Dienstverhältnisses bei Beendigung zu einer Entrichtung der Auflösungsabgabe führen soll.
- Fall 2 – Ein Tagelöhner in einer Sicherheitsfirma arbeitet vorwiegend in Fußballstadien und Eishockeyhallen. Je nach Möglichkeit tritt er die angebotenen Dienste der Sicherheitsfirma an. Es wurde seinerzeit ein geringfügiges, also kein arbeitslosenversicherungspflichtiges Dienstverhältnis eingegangen. Die Bezahlung erfolgt nach Stunden.

Abb 2
- Lösung Fall 2: Es handelt sich um eine durchgehende, unbefristete Beschäftigung, da zum Zeitpunkt der Beendigung ein arbeitslosenversicherungspflichtiges Dienstverhältnis besteht, ist die Auflösungsabgabe sehr wohl zu entrichten. Diese ist auch dann zu entrichten, wenn der Dienstnehmer keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat. Die Änderungen der Beitragsgruppe werden mittels Änderungsmeldung bekannt gegeben.
- Fall 3 – Ein technischer Angestellter entschließt sich zu studieren und entscheidet sich daher vorerst nur geringfügig zu arbeiten, um das Studium schnellstmöglich vorantreiben zu können. Es wurde seinerzeit ein vollversichertes, also arbeitslosenversicherungspflichtiges Dienstverhältnis eingegangen. Der Dienstnehmer wird laut Kollektivvertrag monatlich bezahlt.

Abb 3
- Lösung Fall 3: Nach Ansicht mehrerer Gebietskrankenkassen handelt es sich in diesem Fall um zwei verschiedene Dienstverhältnisse, die mittels Ab- und Anmeldung beendet und begonnen werden müssen. Die Auflösungsabgabe ist mit Ende Monat 9 fällig! Es erfolgt daher keine Änderungsmeldung. Die Argumentation der Gebietskrankenkasse stützt sich auf die Änderung der arbeitsrechtlichen Ansprüche bei einem Wechsel von Voll- auf Teilzeit. Dieser Fall wurde bereits in den Newslettern der Gebietskrankenkassen übereinstimmend erläutert.
- Diese Lösung ergibt sich auch aus den Gesetzesmaterialien.
- Fall 4 – Eine Schülerin arbeitet nebenbei geringfügig als Bürohilfe in der Firma ihrer Mutter. Nach der Matura und den Sommerferien probiert Sie vollzeit als Bürohilfe zu arbeiten, findet jedoch keinen Gefallen daran und entscheidet sich vollzeit zu studieren.

Abb 4
- Lösung Fall 4: Nach Ansicht mehrerer Gebietskrankenkassen handelt es sich um zwei verschiedene Dienstverhältnisse, die mittels Ab- und Anmeldung gemeldet werden müssen. Die Auflösungsabgabe ist mit Monat 10 zu entrichten, da zu diesem Zeitpunkt ein arbeitslosenversicherungspflichtiges Dienstverhältnis besteht. Diese ist auch dann zu entrichten, wenn der Dienstnehmer keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat.
- Fall 5 – Eine Kellnerin beginnt im Sommer ein auf 5 Monate befristetes Dienstverhältnis. Während dieses Dienstverhältnisses wird sie schwanger und meldet dies auch sogleich dem Dienstgeber. Der Ablauf des auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Dienstverhältnisses wird gemäß §10a MSchG bis zum Beginn des Beschäftigungsverbotes nach § 3 Abs. 1 MSchG gehemmt, wodurch die Dauer des Dienstverhältnisses 6 Monate deutlich überschreitet.

Abb 5
- Lösung Fall 5: In diesem Fall wird der Ablauf des auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Dienstverhältnisses gehemmt, wodurch das Dienstverhältnis an sich länger dauert, als ursprünglich in der Befristung vereinbart. Die Dauer des Dienstverhältnisses beläuft sich auf mehr als 6 Monate, somit ist die Auflösungsabgabe nach dem Gesetzeswortlaut bei Beendigung des Dienstverhältnisses zu entrichten. Unterstellt man dem Gesetzgeber jedoch, dass nur die vom Arbeitgeber beabsichtigten Auflösungen bzw. Befristungen über 6 Monate eine Auflösungsabgabe bewirken sollen, bleibt fraglich, ob dieser vom Gesetz vorgegebenen Fall der Verlängerung auch zur Zahlung der Auflösungsabgabe führt.
- Vorbehaltlich weiteren Vorbringens seitens des Bundesministeriums wird unsere Rechtsansicht von mehreren Gebietskrankenkassen geteilt.
- Fall 6 – Nach Beendigung des Lehrverhältnisses erhält ein Dienstnehmer den Einberufungsbefehl bzw Zuweisungsbescheid. Der Präsenz- oder Zivildienst hemmt den Fortlauf der befristet abgeschlossenen Behaltefrist. Nach der Rückkehr vom Präsenz- oder Zivildienst läuft die Frist gemäß § 6 Abs. 1 Ziff. 2 APSG weiter.

Abb 6
- Lösung Fall 6: Im Unterschied zu Fall 5 hemmt der Präsenz- und Zivildienst nicht den Ablauf des befristet abgeschlossenen Dienstverhältnisses, sondern den Fortlauf der Befristung. Aus diesem Grund ist es eine reine Fortlaufhemmung, somit ist unseres Erachtens nach die Auflösungsabgabe mangels Überschreitung der 6-Monats-Frist nicht abzuführen. Die im letzten Satz der Lösung zu Fall 5 geschilderte Überlegung gilt auch hier.
- Vorbehaltliche weiteren Vorbringens seitens des Bundesministeriums wird unsere Rechtsansicht von mehreren Gebietskrankenkassen geteilt.
C. Fazit
Bereits mit dem erstmaligen Erklingen des Wortes „Auflösungsabgabe“ begannen die Diskussionen einerseits um die Auslegung des Gesetzes selbst, andererseits um die tatsächliche Umsetzung in der Praxis. Dieser Diskussionsprozess wurde von teils widersprüchlichen, ja sogar konträren, Stellungnahmen und Newslettern der Gebietskrankenkassen, dem Ministerium und diversen Rechtsexperten aus der Privatwirtschaft begleitet. Das naturgemäße Unverständnis und die teils erfolgreiche Einflussnahme der Vertretungen der besonders betroffenen Branchen heizten den Diskussionsprozess ebenfalls an. Die Widersprüche in den Aussagen der führenden Gebietskrankenkassen und des Bundesministeriums, sowie die unterschiedliche Auffassung diverser Rechtsexperten bieten ausreichend Zündstoff zwischen den Behörden und Branchenvertretungen und sorgen für Verunsicherung unter den Lohnverrechnern.
Die kurz vor Jahresende beschlossene Übergangsregelung zur Auflösungsabgabe für Bauarbeiter zeigt, dass wir auch in den kommenden Monaten noch wesentliche Änderungen in der Handhabung der Auflösungsabgabe zu erwarten haben.